Weil niemand sein Lied „Auf Adlers Flügeln getragen“ veröffentlichen wollte, ergriff Friedrich Hänssler senior 1919 selbst die Initiative. Er gründete mit seiner Frau Friederike in Plieningen bei Stuttgart einen Musikverlag. Daraus ist einer der größten evangelischen Verlage in Deutschland geworden: der Hänssler-Verlag in Holzgerlingen.
Seitdem vertreibt der Verlag Bücher, Musik, Filme und digitale Medien. Zu der 100-jährigen Geschichte gehören etliche Höhen und Tiefen. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde der Verlag schikaniert. Weil er jüdische Komponisten wie Felix Mendelssohn Bartholdy im Programm hatte, erfolgte 1941 das Verlagsverbot der Reichskulturkammer.
Aufschwung und wirtschaftliche Schieflage
Im Juni 1945 durfte der Verlag – als einer der ersten – seine Arbeit nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufnehmen. Ab 1950 arbeitete der Sohn des Gründers, Friedrich Hänssler junior, im Verlag mit. Neun Jahre später übernahm er die Verantwortung für das Unternehmen. Er leitete es bis 2002 und wurde zu einem der bedeutendsten evangelischen Verlegern.
Weil der Verlag wuchs, bezog er 1970 neue Räume in Neuhausen und 1999 in Holzgerlingen. Dort hat er bis heute seinen Standort. Als der Verlag in wirtschaftliche Schieflage geriet und insolvent ging, wurde er 2002 in die Stiftung Christliche Medien (SCM) und 2007 mit den Verlagen Brockhaus und ERF in den SCM Verlag integriert. 2016 kamen noch Gerth Medien und adeo zur SCM Verlagsgruppe hinzu. Heute hat die Gruppe insgesamt 380 Mitarbeiter an den Standorten Holzgerlingen, Asslar und Witten.
Von „Jesu Name nie verklinget“ bis „Feiert Jesus!“
Weltweites Renommee brachte dem Hänssler-Verlag unter anderem die Zusammenarbeit mit dem Dirigenten Helmuth Rilling. Gemeinsam spielten sie das Gesamtwerk Johann Sebastian Bachs auf 172 CDs ein. Neben Bach prägten die Bibel und Israel über Jahre das Programm des Verlages. Liederbücher wie „Jesu Name nie verklinget“ oder „Feiert Jesus!“ erscheinen seit Jahrzehnten in hohen Auflagen und sind fester Bestandteil in vielen Gemeinden.
Zu den Aushängeschildern der jüngeren Verlagsgeschichte gehören unter anderem die Bücher des Evangelisten Hans Peter Royer, die Biografie des Widerstandskämpfers Dietrich Bonhoeffer und der inzwischen auch das biografische Buch „Den Himmel gibt’s echt“: die Geschichte eines Jungen, der den Himmel besucht. Spiegel-Bestseller wurde das Buch „Geisterkinder“ von Valerie Riedesel. Darin erzählt die Autorin die historischen Ereignisse während des Zweiten Weltkriegs aus Sicht ihrer Familie.
Das Evangelium verbreiten
Zum 100-jährigen Bestehen des Verlags ist eine Biografie der Geschichte der Hänsslers erschienen. Autorin Simone Martin gewährt darin ehrliche Einblicke in das Leben der Verlegerfamilie. Das Buch beleuchtet auch die zahlreichen Leitungsaufgaben, die Friedrich Hänssler junior in christlichen Gremien übernahm. Sein Hauptanliegen blieb zu allen Zeiten die Verbreitung des Evangeliums durch Bücher, Musik und Filme. Vor allem die Orientierung an der Bibel war Hänssler dabei wichtig.
Aus Sicht des aktuellen Geschäftsführers Klaus Jost steht der Verlag seit 100 Jahren „für die Verbreitung der besten Botschaft der Welt“. Hänssler sehe er als die „Qualitätsmarke in der christlichen Buch- und Medienbranche“. Den Herausforderungen der Zukunft wolle der Verlag sich mit möglichst effizienten Prozessen und einer größtmöglichen Flexibilität stellen. „Ansteckend glauben, inspiriert leben“, laute die Devise.
Von: Johannes Blöcher-Weil