„10 Gebote“ für weltanschaulich neutralen Staat

Die Jungen Liberalen wollen eine stärkere Trennung von Kirche und Staat durchsetzen. Dazu hat ihr Bundesvorstand ausgerechnet „10 Gebote“ formuliert.
Von Norbert Schäfer
Die Mehrheit des Bundestages hat für das umstrittene Infektionsschutzgesetz gestimmt

Die Jungen Liberalen (JL) wollen eine stärkere Trennung von Kirchen und Staat. Das geht aus einem Beschluss des Bundesvorstandes der FDP-nahen Jugendorganisation hervor. Unter dem Titel „10 Gebote für einen weltanschaulich neutralen Staat in einer pluralen Gesellschaft“ fordern die Jungen Liberalen, dass Staat und Religionsgemeinschaften die „jeweiligen Wirkbereiche respektieren“ und eine wechselseitige Einflussnahme unterbleibt.

Den Religionen steht nach Meinung der JL keine Sonderrolle im Gemeinwesen zu, lautet es in dem Beschluss vom 25. März. In den „10 Geboten“ fordert die FDP-Vorfeldorganisation Reformen im Verhältnis von Staat und Religion. Dabei sprechen die JL von „Staatsreligion“ und fordern eine Reihe von Veränderungen.

Weil der Gottesbezug in der Verfassung nach Ansicht der JL nicht zum „Verfassungsbild einer offenen Gesellschaft“ passt, soll der aufgegeben werden. Auch Eide, etwa vor Gericht, sollen nur noch ohne Gottesbezug geleistet werden dürfen. Außerdem sollen Religionsgemeinschaften privatrechtlich verfasst werden.

Kirchen und Religionsgemeinschaften würden damit den Status als Körperschaften des öffentlichen Rechts verlieren und müssten sich dann beispielsweise als Vereine oder als Stiftungen organisieren. Der Austritt aus Kirchen und Religionsgemeinschaften soll vereinfacht werden und kostenfrei sein. Auch religiöse Symbole sollen auf der Öffentlichkeit verbannt werden.

An dritter Stelle steht die Forderung, dass künftig die Kirchensteuer nicht mehr vom Staat erhoben wird. „Religion ist Privatsache“, lautet es in dem Beschluss. Die Kirchen sollten sich deshalb selbst um ihre finanziellen Mittel kümmern und Beiträge erheben. Im Sprachduktus der Jungen Liberalen, auch „Julis“ genannt, wird von „entkoppeln“ gesprochen.

Bei der Besetzung von staatlichen Gremien, etwa den Rundfunkräten, sollen Kirchen nicht mehr berücksichtigt werden. Straftatbestände, die Kirchen über die allgemeinen Gesetze hinaus schützen, sollen abgeschafft werden.

Auch die sogenannten „Stillen Feiertage“, wie beispielsweise der Karfreitag, an dem Tanz- und Filmverbot besteht, sollen nach dem Willen der „Julis“ gekippt werden. Ebenso das Arbeitsverbot an Feiertagen und am Sonntag. Der Sonntagsschutz „konserviere“ ein „Moralsystem“ einer einzelnen gesellschaftlichen Gruppe, heißt es dazu in dem Beschluss. Die liberale Jugend hält auch Sonderregeln im Arbeitsrecht der Kirchen nicht mehr für zeitgemäß – die Regelungen sollen weichen.

Kinder- und Jugendschutz soll in den Kirchen durchgesetzt werden. Die „Julis“ wollen das durch erweiterte Führungszeugnisse erwirken, die kirchliche Mitarbeiter vorlegen müssen. An Schulen sollen sich die Lehrinhalte ändern. Dort soll ein Ethikunterricht generell konfessionellen Unterricht ersetzen. Als letzten der insgesamt zehn Punkte fordern die liberalen Jugendlichen ein Selbstbestimmungsrecht in allen Lebenslagen. „Antworten auf gesellschaftliche Fragen wie selbstbestimmtes Sterben, einem modernen Bestattungsrecht, nach dem Einsatz moderner medizinischer Verfahren oder der rechtlichen Ausgestaltung von Ehe und Familie müssen die individuelle Selbstbestimmung, nicht religiöse Dogmen in den Fokus setzen“, heißt es in dem Beschluss.

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13 Antworten

  1. Das ist natürlich nicht neutral, sondern kirchenfeindlich gedacht.
    Abgesehen davon, dass sich durch diese Thesen die JuLis, samt FDP, damit für viele unwählbar gemacht haben, steht die gesamte Argumentation auf tönernen Füßen.
    Denn unsere Gesellschaft beruht auf den Errungenschaften christlicher Verantwortung. Wer darauf verzichten möchte, der sägt an dem Ast, auf dem Staat und Gesellschaft sitzen.

    Der französische Philosoph Rémi Brague bezichtigt dieses Verständnis von „Moderne“ als Schmarotzerin: „Das Verhältnis der Moderne zur früheren Welt ist ein Verhältnis des Parasitismus. Die Quellen der europäischen Kultur liegen in Athen und Jerusalem. Wir kommen nicht umher, unser Zusammenleben im Licht der griechischen Philosophie und des christlichen Religionsverständnisses zu betrachten.“
    https://melchiormagazin.com/koexistenz-setzt-existenz-voraus/

    Und auch der indische Sozialreformer Vishal Mangalwad erkennt durch seinen Blick von Außen auf den „Westen“ was dieser dem christlichen Glauben und dem Engagement von Christen zu verdanken hat.
    Buchtipp:
    Das Buch der Mitte – Wie wir wurden, was wir sind: Die Bibel als Herzstück der westlichen Kultur
    https://www.scm-shop.de/das-buch-der-mitte.html

    Und auch dieses:
    https://www.scm-shop.de/media/import/mediafiles/PDF/204093000_Leseprobe.pdf

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  2. Dieser Beschluß der „Julis“ war schon überfällig. Warum sollten sich die „Liberalen“ anders verhalten als die GRÜNEN, LINKEN oder die SPD? Selbst große Teile der C-Parteien tendieren in diese Richtung. Die Frage ist dabei interessant, welche Bundestagpartei sich noch auf christliche Grundlagen beruft!! Und diese Partei wird von allen anderen Parteien angegriffen und verleumdet.

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  3. Der Gottesbegriff, der in unserem Grundgesetz niedergeschrieben wurde hatte als Basis einen eindeutig biblisch christlichen Bezug bei über 90% Kirchenmitgliedschaft 1945. Das Stuttgarter Schuldbekenntnis und die Kölner Erklärung u.v.a. mehr haben auf jeden Fall massiv dazu beigetragen. Und heute? Welcher Gott ist denn gemeint und wenn ja wieviele bei bald nicht mal mehr 50 % Kirchenmitglieder? Der Gottesbegriff in Jerusalem um auf Brague Bezug zu nehmen ist klar umrissen und konnte prägend in der Moderne wirken. In der Postmoderne ist das vorbei. Die Kirchen täten gut daran sich auf Minderheitskirchen einzurichten und sich auf die Aufgabe von Glaubensvermittlung zu konzentrieren anstatt die Opposition als verkappte NGO links überholen zu wollen. Dass die FDP kann so etwas will ist doch klar und selbst wenn es wie zu erwarten nur zum Teil umgesetzt wird kann es der Kirche beim Nachdenken helfen, was ihre eigentliche Aufgabe ist, sich klarer zum Glauben positionieren und so Menschen für Jesus zu gewinnen.

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  4. Einzig der Passus über die Abschaffung der Kirchensteuer macht Sinn. Alles andere zeigt den kirchenfeindlichen, antichristlichen Grundcharakter, den der Liberalismus weithin schon immer hatte. Immerhin ging auch der Kirchenkampf unter Bismarck („Kulturkampf“) von den Liberalen aus. Das, was die Julis fordern ist letztlich Nihilismus, die völlige Entkoppelung der Menschen von ewigen Werten und Maßstäben. Wohin das führt, sollte jeder schon im 20. Jahrhundert gesehen haben (Nazis, Kommunisten). Es zerstört zugleich die Grundlagen unserer Kultur. Denn auch wenn die Julis das nicht begreifen wollen: Die freiheitliche Grundordnung mit samt allen sozialen Errungenschaften und Völkerrecht beruhen auf dem Christentum. Keine andere Kultur hat so etwas hervorgebracht. All das wird damit zur Disposition gestellt.

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  5. Sehr ist tragisch, dass junge Leute, die nicht erkennen oder gebildet genug sind, woher unsere Werte, insbesondere die unserer sozialen Marktwirtschaft kommen, so dagegen argumentieren. Damit verliert die FDP ihre Glaubwürdigkeit und Wählbarkeit. Sie kennen wohl auch nicht die Geschichte ihrer eigenen Partei!

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  6. „wenn sich aber das Volk, gegen das ich geredet habe, von seiner Bosheit bekehrt, so reut mich auch das Unheil, das ich ihm gedachte zu tun “
    Dieser Vers und die Folgenden war heute morgen meine Bibellektüre, er steht in Jeremia 18 (sehr empfehlenswert)
    Dabei kam ein ungutes Gefühl in mir hoch, ich befürchte auch Deutschland ist gemeint, nur sehe ich keine „Bekehrung“ von bösen Wegen.
    Wenn wenigstens die Gläubigen im Land sich den Ernst der Lage bewusst machen würden, aber da ist wenig Einsicht und viel Pseudo-Optimismus !
    Unter diesem Eindruck ist der Vorstoß der Liberalen nur ein weiterer Versuch sich Gott zu entledigen, das mag vordergründig sogar funktionieren, wird uns aber zum Fluch werden.

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  7. Ob die Liberalen das schaffen sei Mal so dahin gestellt es gibt in Deutschland sowieso nur eine begrenzte Meinungsfreiheit

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    1. Johannes Tremel: Dann sollten Sie sich mal das Parteiprogramm der AfD anschauen (ich bin übrigens kein AfD-Mitglied) und sich die AfD-Wortmeldungen im Bundestag anhören. M.W. argumentiert nur die AfD mit Bibel-Zitaten. Natürlich gibt es auch in der AfD Nicht-Demokraten und „Sonderlinge“, wie in jeder der anderen BT-Parteien. In der AfD haben diese jedoch nicht das bestimmende Sagen.

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      1. Das Aufrufen von Bibelversen macht noch keine christliche Position – man denke an die Versuchungsgeschichte in der Wüste.
        Ihre Reinwaschung der AfD ist eine bloße Behauptung. Ich halte die AfD phänomengestützt für eine im Kern faschistische Partei. Man möge dazu die phänomenologische Skizze „Urfaschismus“ von Umberto Eco heranziehen, die dieser lange vor der AfD und anderen rechtspopulistischen Strömungen in Europa verfasst hat. Die Trefferquote ist erschreckend. http://www.mp3-kolleg.de/schroeder/material/CCSchroeder_WS1415_Die_14_Kennzeichen_des_Urfaschismus-U_Eco.pdf
        Sehr empfehlenswert ist auch das Buch von Andreas Malessa „Als Christ die AfD unterstützen?“ Und wer den Faschuismus bei seiner Selbstdarstellung beobachten möchte, kann ja zu dem entlarvenden Buch von Björn Höcke greifen. Die AfD ist in ihrem Kern antidemokratisch, faschistisch und anti-christlich! Wehret den Anfängen!

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  8. Kommentatoren, die hier immer wieder behaupten, dass alles gesellschaftlich Gute vom Christentum komme, denken doch sehr kurz und klopfen sich vornehmlich selbst auf die Schulter, um ihre meist konservativen bis reaktionären Gesellschaftsmodelle zu salvieren. Die Geschichte war da ein wenig dialektischer. Freilich verdanken sich wesentliche Impulse der jüdischen und christlichen Bibel, Ernst Bloch oder Jürgen Moltmann z.B. haben diese Traditionen herausgestellt bzw. an diese angeknüpft. Aber in der Kirchengeschichte wurden diese Freiheitspotentiale auch immer wieder verstopft, verhindert und gewalttätig abgewürgt. Es gibt zahlreiche Dinge, die wir heute ganz unzweifelhaft zu den zivilisatorischen Errungenschaften zählen, die gegen den Willen der Kirchen und vieler Christen durchgesetzt wurden. Ein etwas differenzierterer Blick scheint ratsam.

    Aber was die FDP-Jugend hier vorschlägt – und was ja schon lange auch die Agenda eines aggressiven Atheismus ist, etwa bei der GBS – verkennt ganz elemantar, die Vorteile einer kritischen Partnerschaft zwischen Kirchen und Staat.
    Die Menschenrechte und die Errungenschaften einer liberalen offenen Gesellschaft lassen sich auf dem Hintergrund vieler Traditionen begründen und rechtfertigen. Aber wichtig ist, dass diese Gruppen auch in einem öffentlichen Diskurs vorkommen und nicht in ein privates Konventikeltum verbannt werden.
    Kirche und Staat profitieren von einer kritischen Partnerschaft. Der konfessionelle Religionsunterricht an öffentlichen Schulen ist ein unerlässliches Bildungsangebot, die Vorstellung, man könne das einfach durch einen weltanschaulich neutralen Unterricht ersetzen, ist blind dafür, dass auch ein solcher ideologisch kontaminiert wäre. Die Kirchen profitieren von einem universitären Ausbildungssystem für ihre Theologen. Denn auf dem universitären Campus begegnen sich unterschiedliche Wissenschaften und es kann zu einem fruchtbaren Austausch kommen. Eine solche Einrichtung wehrt dem fundamentalistischen Konventikeltum und inspiriert – idealerweise, in der Realität gelingt das leider zu wenig – die Kirchen zur Sprachfähigkeit gegenüber der modernen wissenschaftlich geprägten Welt.
    Ein laizistisches System, wie etwa das in Frankreich, bietet nach meinem Dafürhalten keine Vorteile, aber erhebliche Nachteile. Kirchen und Christen müssen in einem öffentlichen Diskurs als Christen und Kirchen vorkommen, das stärkt eine positive Haltung zu einem pluralen offenen Staat.
    Wie eine fundamentalistische Skepsis gegenüber einem pluralen Staat aussehen kann, liest man hier ja dann und wann im Kommentarteil! In den USA führte sie große Teile der weißen Evangelikalen in einen antidemokratischen Kulturkampf und ins Abseits.

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  9. Ich hatte fast erwogen, da Bündnis-C nicht bundesweit antritt, die FDP zu wählen, aber das Thema hat sich mit diesen Forderungen für mich nun endgültig erledigt.

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