In der Debatte über eine gesetzliche Sterbehilfe-Regelung plädiert der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider, dafür, Suizidassistenz in bestimmten Extremfällen zu erlauben. „Für mich gibt es Grenzfälle, in denen Menschen auch zum Sterben geholfen werden sollte, etwa wenn ihr Leben nur noch von Schmerz bestimmt wird“, sagte der Theologe dem Evangelischen Pressedienst (epd). In solchen Grenzfällen sei „der Suizid eines Menschen durchaus im Einklang mit dem Willen Gottes möglich“.
Zur Würde des einzelnen Menschen gehöre, dass er über sein Leben selbst bestimmen könne, „und das gilt auch für sein Sterben„, sagte Schneider, der am Samstag 75 Jahre alt wird. Selbsttötung und Assistenz zur Selbsttötung dürften aber nicht „als ein Normalfall des Lebens betrachtet werden“, unterstrich er. Das „Anrecht auf einen ärztlich assistierten Suizid“ müsse vielmehr als Ausnahme „unter Not- und Extremsituationen eingeordnet werden“.
Die grundsätzliche Aufgabe von Staat und Gesellschaft sei, Leben zu schützen, betonte der ehemalige Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland. „Ich kann mir deshalb nur schwer lebensdienliche Regelungen vorstellen, bei denen der Suizid von Menschen staatlich organisiert wird.“ Zugleich dürfe es aber auch keinen „Zwang zum Leben“ geben: „Diese Spannung muss ausgehalten werden.“
Suizidassistenz auch in kirchlichen Einrichtungen
Grundsätzlich kann sich Schneider einen assistierten Suizid auch in diakonischen Einrichtungen vorstellen. „Für mich gibt es theologisch-ethisch zwar ein normatives Nein zu Suizid und Suizidassistenz, aber kein absolutes Nein“, sagte er. „Auch in diakonischen Häusern müssen wir in theologisch-ethischen Entscheidungen mit Spannungen und Uneindeutigkeiten leben.“
Hilfe bei Suizidgedanken
Denken Sie darüber nach, sich das Leben zu nehmen? Holen Sie sich Hilfe, zum Beispiel bei der Telefonseelsorge. Unter der kostenlosen Rufnummer 0800-1110111 oder 0800-1110222 erhalten Sie Hilfe von Beratern, die Ihnen Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen können.
Das Bundesverfassungsgericht hatte 2020 das erst 2015 verabschiedete Verbot der geschäftsmäßigen Suizidassistenz gekippt, mit dem die Aktivitäten von Sterbehilfevereinen unterbunden werden sollten. Der Bundestag ringt aktuell um eine Nachfolgeregelung. Schneider erhofft sich davon „eine möglichst große Klarheit, damit alle Rechtssicherheit haben, die in der Pflege tätig sind und „Sterbende oder Schwerstkranke begleiten». Diese Klarheit habe der vom Bundesverfassungsgericht kassierte Paragraf 217 des Strafgesetzbuches nicht in ausreichendem Maße geboten.
Schneider war von 2003 bis 2013 leitender Theologe der rheinischen Kirche und von 2010 bis 2014 EKD-Ratsvorsitzender. Seit Jahren diskutiert er mit seiner Frau Anne, die ebenfalls Theologin ist und eine Krebserkrankung überstanden hat, auch öffentlich kontrovers über Sterbehilfe. Anne Schneider tritt dafür ein, dass Menschen, die sterben wollen, ein Recht auf Suizidassistenz haben. In der evangelischen Kirche gibt es zu dem Thema unterschiedliche Meinungen.
3 Antworten
Unbedingt ist es notwendig, sich für die Begleitung Sterbender einzusetzen – und nicht für deren Tötung.
Wer wirklich etwas über die Situation Schwerstkranker erfahren will, dem empfehle ich diesen informativen Bericht des Palliativmediziners Stephan Sahm in der FAZ:
https://www.faz.net/aktuell/politik/die-gegenwart/sterbehilfe-im-bundestag-unmoralisches-angebot-13887916.html?printPagedArticle=true#pageIndex_3
Vielen Dank für den Link,
da werden manche Vorurteile durch die tatsächlich Erfahrung korrigiert.
eindrücklich empfand ich insbesondere diese Hinweise:
„In der Ansicht, die Feststellung eines Leidenszustandes könne die Assistenz beim Suizid rechtfertigen, schlägt sich zudem eine mit Geringschätzung einhergehende Unkenntnis der Palliativmedizin nieder.
Symptomatische Behandlung kann sie immer anbieten.
Ausweislich aller einschlägigen Untersuchungen sind es nicht das Vorhandensein oder die Angst vor körperlichen Beschwerden, die Personen veranlassen, Hilfe beim Suizid zu erbitten.
Es sind vielmehr soziale Deprivation und Angst vor Autonomieverlust. Das erklärt umgekehrt, warum die Zusage palliativer Betreuung und die Versicherung, die vom Patienten gesetzten Grenzen der Behandlung zu achten, den Suizidwunsch nahezu ausnahmslos verschwinden lassen:
Wenn nicht mehr durch Krankheit bedingte Symptome der Grund sind, einen Suizidwunsch für beachtlich zu halten, dann erweist sich die von Befürwortern ärztlicher Suizidassistenz vielfach geforderte Beschränkung auf Situationen terminaler Erkrankung nur als Vorwand und als rhetorische Beschwichtigung.“
Wer will denn entscheiden, was ein Extremfall ist und was nicht? Geht doch gar nicht.. Was er oben erklärt, ist einfach nur abstrus. Biblisch vollkommen haltlos. Wie aber Anderes auch, hinsichtlich des Kreuzestodes Jesu Christi, was er vor mehr als einem Jahrzehnt kundtat.